Männliche Beschneidung |
casey
Schüler
Dabei seit: 09.07.2009
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Wer nur ein bisschen die Nachrichten verfolgt, wird mitgekriegt haben, dass das Landgericht Köln Beschneidungen an nicht einwilligungsfähigen Jungs für strafbar erklärt.
Und das Internet kocht über.
Juden und Muslime sehen das Urteil als Eingriff in ihr religiöses Selbstbestimmungsrecht, Juristen stimmen dem Urteil zu, vielen ist es völlig egal, weil es ja "nicht so schlimm ist". Was ist eure Meinung?
Ich bin gegen Beschneidung, sofern keine medizinische Indikation vorliegt. Natürlich wird die Funktionsweise des männlichen Sexualorgans nicht grob eingeschränkt, trotzdem müssen sich beschnittene Männer an andere Begebenheiten anpassen (z.B. funktioniert Masturbation nur mit Gleitmittel etc.). Dazu kommt die Gefahr von Komplikationen. Eine OP, egal wie gut erprobt, ist eben immer mit einem Risiko behaftet. Das Argument "Hygiene" zieht bei mir nicht, immerhin sollte sich auch ein beschnittener Mann täglich waschen. Ob beschnittene Männer tatsächlich weniger leicht Aids übertragen können, halte ich für eine gefährliche Eiinschätzung, selbst wenn es stimmt, da dies möglicherweise zu einem sorgloseren Umgang mit Verhütung führen kann. Religiöse Gründe sind für mich keine Gründe.
Ich bin der Meinung, dass sich die Natur schon was dabei gedacht hat, als sie den Mann mit Vorhaut erschuf. Wers trotzdem lieber ohne mag, kann das ja nachholen, sobald er volljährig ist.
Ihr seid dran!
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28.06.2012 13:47 |
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Luy
Schüler
Dabei seit: 05.09.2011
Herkunft: Nimmerland
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RE: Männliche Beschneidung |
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Ich sehe das relativ ähnlich. Keine Eingriffe aus religiösen Gründen.
Zum einen ist es eben ein Eingriff und wie jeder Eingriff mit Schmerzen verbunden, zum zweiten wird sowas in der Türkei durchaus auch ohne Betäubung durchgeführt. An dem Punkt frage ich mich dann wieder, ob es sowas auch in Deutschland durch muslimische Beschneider gibt bzw. ob es überhaupt sowas wie jüdische Beschneider in D gibt?
Das hab ich noch nie gehört.
Ich weiß nur, dass das Empfindungsvermögen gestört sein kann bzw. nicht mehr so ausgeprägt ist.
Die Argumentation - das ist Teil der jüdischen/islamischen Kultur und ist schon seit Jahrtausenden so - erschließt sich mir nicht. Was machen wir dann bitte mit weiblicher Genitalverstümmelung? Was machen wir mit Eltern, die ihrem Kind lebensnotwendige Hilfe verweigern (z.B. Zeugen Jehovas)? (Überhaupt, Mord, Totschlag...)
Das wird auch religiös begründet. Aber da ist es nicht okay, weil es irgendwie was anderes ist, kleinere Religionsgemeinschaften trifft und vll krassere Konsequenzen nach sich zieht. Allein die Perspektive ist doch verzerrt. Es trifft nicht die Religionsgemeinschaft an sich, sondern das Kind. Und um das ging es, nicht um die Religion. Und meine Güte, ob man mit der Beschneidung für Jahwe oder Allah noch 18 Jahre wartet oder nicht....dem Kind ein Opfer abzuzwingen, finde ich falsch. Wenn das jemand frewillig tun will, bitte sehr.
Naja, interessant fand ich auch, dass die Deutsche Bischofskonferenz das Urteil ebenfalls kritisiert hat. Auf einmal sind dann alle in heiliger Dreifaltigkeit vereint...aber die Kirchen haben ja häufig nicht so große Probleme damit, in das Leben ihrer Schäfchen reinzureden bzw. sie entsprechend zu malträtieren (Exkommunikation bei Abtreibung nach einer Vergewaltigung z.B., aber nicht Exkommunikation des Vergewaltigers).
Von mir aus könnte auch gerne die Taufe darunter fallen. Das ist zwar keine Körperverletzung, aber man "unmündig" in die Kirche(n) und muss sich dann wieder mündig rauszahlen. Eine Taufe könnte man außerdem auch als Beschneidung des Verstandes ansehen...
__________________ "Es gibt Reichtümer, an denen man zugrunde geht, wenn man sie nicht mit anderen teilen kann."
(aus Momo)
Michael Ende
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Luy: 28.06.2012 16:08.
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28.06.2012 16:06 |
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Also ich habe überhaupt nichts gegen Beschneidung aus religiösen Gründen, aber das soll man bitte selbst entscheiden können - wie überhaupt die Religionszugehörigkeit. Heißt also Beschneidung ab einem Alter ab dem man das selbst entscheiden kann. Mit der Argumentation von Religionszugehörigkeit der Eltern kommt man da eben nicht weit - das sich auch die Bischofskonferenz da einschaltet, ist aus der Hinsicht natürlich zu verstehen.
Ich habe diesen Überblick nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass sich da gerade ein Wandel vollzieht und man die Rechte der Kinder gegenüber den Rechten der Eltern stärkeres Gewicht verleiht. Ein solcher Wandel würde natürlich auch den christlichen Kirchen nicht schmecken, das ist klar.
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28.06.2012 16:39 |
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Marii
Schüler
Dabei seit: 23.11.2007
Herkunft: Niedersachsen
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Ich stimme Cellmorbasg vollkommen zu.
Von mir aus auch aus religiösen Gründen, aber bitte erst, wenn betreffende Person selbst entscheiden kann.
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28.06.2012 16:56 |
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casey
Schüler
Dabei seit: 09.07.2009
Themenstarter
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Hm, das Wissen ist eigentlich weit verbreitet. Die Eichel liegt ja ohne Vorhaut quasi "trocken" und daher kann eine Stimulation mit einer ebenfalls trockenen Hand sehr schmerzhaft sein. Weiß ich übrigens aus erster Hand (gröhl), mein Freund sowie mein Ex sind nämlich beide beschnitten (wg. Phimose in der Kindheit).
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28.06.2012 17:34 |
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Ich habe dazu zwei Haltungen, eine persönliche und eine juristische.
Die persönliche Haltung ist eindeutig: Religiöse Gründe ziehen gar nicht, da es die Religionsfreiheit nicht rechtfertigt, andere zu schädigen. Wenn die Eltern das so wollen, dann können sie sich selbst beschneiden (okay, sind sie ja schon, jedenfalls die Männer entsprechender Religionen), aber sie sollen andere Personen da raushalten, auch wenn es ihre Kinder sind.
Hier bin ich wie die anderen der Meinung, daß Beschneidungen erst in einem Alter stattfinden, in denen das Kind zustimmungsfähig ist. Bei Eingriffen auf religiöser Grundlage möchte als Grenze die Religionsmündigkeit heranziehen, also den 14. Geburtstag.
Die juristische Haltung ist weniger eindeutig: Eine Beschneidung stellt als vorsätzliche Substanzverletzung eine vorsätzliche Körperverletzung dar, sofern sie nicht medizinisch indiziert ist (z. B. Phimose).
Die Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestandes führt aber noch nicht zur Strafbarkeit. Notwendig ist auch die Rechtswidrigkeit, und die kann durch eine rechtfertigende Einwilligung aufgehoben sein.
Eine Einwilligung hat zunächst vom Betroffenen selbst zu erfolgen. Bei nicht erklärungsfähigen Personen bzw. entsprechender Unmündigkeit muß der gesetzliche Vertreter die Einwilligung erteilen. Deshalb handelt ein Arzt auch nicht strafbar, wenn die Eltern einwilligen, einen vielleicht nicht direkt notwendigen, aber nützlichen Eingriff vorzunehmen (nagelt mich nicht auf ein Beispielt fest, mir fällt keins ein).
Die Einwilligung ist allerdings nur dann rechtfertigend, wenn sie nicht sittenwidrig ist. Hier wird man schon berücksichtigen müssen, daß es in einigen Religionen und Kulturen seit langer Zeit (z.T. Jahrtausende) üblich ist, Jungen zu beschneiden. Man wird natürlich die Folgen in Betracht ziehen müssen. Diese sind bei Jungen nicht gravierend. Bei Mädchen daher sind sie es sehr. Deshalb halte ich eine mit Einwilligung der Eltern vorgenommene Beschneidung für Jungen letztlich für nicht rechtswidrig.
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28.06.2012 23:24 |
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Tonks.21
Schülerin
Dabei seit: 04.11.2007
Alter: 28
Herkunft: Malfoy Manor Pottermore-Name: KeyWatch201
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Ich sehe das genau so wie bei Ohrringen bei Kleinkindern. Ist vielleicht ein dummer Vergleich, aber trotzdem...
Ich finde sowas sollte nicht die Entscheidung der Eltern sein.
Wer als Erwachsener eine Beschneidung will, aus welchem Grund auch immer, sollte es machen lassen dürfen.
Aber ein Kind, das nicht mal weiß worum es geht, sollte sowas nicht angetan bekommen, nur weil die Eltern es wollen. Wenn es aus medizinischen Gründen sein muss, muss es eben sein, ansonsten, kann das "Kind" ja mit 18 entscheiden, ob es diesen Eingriff will oder nicht.
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29.06.2012 02:00 |
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casey
Schüler
Dabei seit: 09.07.2009
Themenstarter
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Mich regt am meisten auf, dass einem bei einer ablehnenden Haltung gegenüber Beschneidung direkt Antisemitismus vorgeworfen wird bzw. man direkt beleidigt wird. Klar, Besorgnis über das Kindeswohl ist ja echt böse.
Auch habe ich mit einem Mann gesprochen, der (ohne religiösen oder medizinischen Grund) beschnitten wurde. Es hätte ihm nicht geschadet, er will es bei seinem Sohn später genauso halten. Auf meine Frage "warum" kam nur ein ziemlich langes Lamento darüber, dass sich der Staat nicht in seine Erziehung einzumischen habe, das wäre ja eine Angelegenheit, über die er und die Mutter zu entscheiden hätten.
Was hat eine Beschneidung mit "Erziehung" zu tun? Oder stimmt die These doch, dass diese sich ursprünglich aus dem religiös motivierten Wunsch heraus entwickelt hatte, Masturbation zu erschweren?
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29.06.2012 15:19 |
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Das war im 19. Jahrhundert übrigens durchaus eine gängige Empfehlung durch "Fachleute", die sich einen Lustdämpfer dadurch versprachen, daß die Eichel weniger empfindlich werden würde. Wie weit dieser Empfehlung gefolgt wurde, weiß ich jetzt nicht. Häufiger dürfte die Empfehlung befolgt worden sein, daß die Kinder im entsprechenden Alter die Hände auf der Bettdecke behalten sollten.
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30.06.2012 00:09 |
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casey
Schüler
Dabei seit: 09.07.2009
Themenstarter
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@Luy:
Krabbentaucher hat Recht. Die Beschneidung wurde auch im christlichen Bereich immer wieder als Vorbeugung zur schädlichen (!) Onanie empfohlen. Dr. Harvey Kellogg (ja, der Erfinder der Cornflakes) war ein prominenter Verfechter dieser Praxis (bei Mädchen plädierte er analog dafür, die Klitoris mit Säure zu verätzen).
Im Zuge dieser ganzen Beschneidungsdebatte traf ich auch auf einen Typen, der eben diesen guten Doktor und seinen Einfluss dafür verantwortlich machte, dass in den USA der überwiegende Teil der männlichen Bevölkerung beschnitten ist. Ich weiß nicht, ob das stimmt, denn 1. war er ja weder der einzige, noch der erste, der zu solchen Ansichten gelangt ist und 2. halte ich da eher dann doch einen Einfluss des Judentums in Amerika für denkbar (in den USA leben mehr Juden als in Israel). Die haben das bestimmt nicht propagiert, aber manchmal färbt eben was ab. Oder vielleicht ist das einfach nur auf die viel größere Prüderie zurück zu führen... Vor allen bei strengen Christen geht mir das nicht in den Kopf (im apokryphen Thomasevangelium prangert Christus selbst die Beschneidung als unnötig an und im Galaterbrief sowie im Römerbrief, die beide Bestandteil der Bibel sind, kritisiert Paulus ebenfalls die Beschneidung).
Dazu muss man ja noch bedenken, dass Gleitgel eine relativ moderne Erfindung ist. Bis vor, sagen wir, 100 Jahren hatten junge Burschen größtenteils keinen Zugriff auf Cremes oder auch nur Speiseöl. Und Wasser bzw. Speichel funktioniert, ist aber in der Wirkung nicht zu vergleichen.
Die zweite Beschneidung ist nur bei Männern nötig, die bereits beschnitten sind und zum Judentum übertreten wollen. Liberalen Juden langt die Tatsache, dass sie schon beschnitten sind, die Orthodoxen verlangen aber diese symbolische zweite Beschneidung.
Frauen bzw. Mädchen sind übrigens von Geburt an reguläre Jüdinnen und daher im Bund mit Gott.
Dafür gabs auch Vorrichtungen... gruselig.
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30.06.2012 19:02 |
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casey
Schüler
Dabei seit: 09.07.2009
Themenstarter
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Ich halte hier jeden für intelligent genug zu erkennen, dass ich die Zahl der Juden absolut gemeint habe und nicht prozentual. Daher nein, ich lasse den Satz nicht (allein schon deswegen, weil es ein so interessanter Fun Fact ist).
Das war eine absolut wertfreie Vermutung, kein Antisemitismus.
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01.07.2012 03:26 |
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Nun ich habe dir keinen Antisemitismus vorgeworfen und tue das im übrigen auch nicht, halte dich auch für intelligent genug das zu erkennen - frage dich allerdings selbst was für eine seltsame Argumentation du da aufgebaut hast.
Ebenso wie ich nicht geschrieben habe, dass es nicht ersichtlich wäre, dass du absolute Zahlen meinst.
Du hast meinen Punkt um den es mir geht, offenbar nicht erkannt. Die Tatsache dass es absolute Zahlen sind, lässt mich fragen wo da die Aussagekraft besteht? Was sagt es aus, dass in den USA mehr Juden leben als in Israel (mal abgesehen davon, dass es vielleicht gar nicht mehr stimmt, sondern ein überholter Fun Fact ist - was auch immer daran Fun sein soll)? Wenn man die Länder schon vergleicht (wobei ich mich auch da frage, wo der Sinn darin bestehen soll), dann machen doch relative Zahlen deutlich mehr Sinn oder glaubst du, dass 6 Millionen Juden in den USA, also 2% der Bevölkerung genauso viel Einfluss haben wie 6 Millionen in Israel mit 75% der Bevölkerung? Wenn, dann wäre das doch arg erklärungsbedürftig und der Einfluss der Juden hätte mit bloßer Zahlenakrobatik nicht ganz so viel tun.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Cellmorbasg: 01.07.2012 12:48.
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01.07.2012 09:40 |
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Beatrix
Schülerin
Dabei seit: 01.03.2007
Herkunft: Bayern
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Da Beschneidung bei Mädchen bei uns m.W. mittlerweile als Körperverletzung gewertet wird, ist es nur richtig, es bei Jungen auch so zu werten. Deswegen sehe ich das Urteil als gerechtfertigt.
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01.07.2012 14:02 |
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