Convallaria majalis unregistriert
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Au wei, die meisten der von euch vorgestellten Gedichte kenne ich gar nicht....
@jean: Ich finde dein Gedicht gut, weißt du noch, von wem es ist? Und das der Lehrer dir eine 4 darauf gegeben hat, kann ich nicht verstehen...
Das einzige Gedicht, das ich noch auswendig kann (wir mussten in der Schule eigentlich seit der 4. Klasse nichts mehr auswendig lernen) ist von Eduard Mörike: Septembermorgen
Dann mag ich ja auch die Gedichte des Expressionismus. Ein Lieblingsgedicht habe ich jedoch nicht, das wechselt immer mit meiner Stimmung
Eines, das ich jedoch immer wieder faszinierend finde, ist von August Stramm: Wunder (1914)
Das Thema des Gedichtes ist übrigens Liebe...
Und weil ich schon einmal dabei bin, gleich noch eins, das wohl etwas bekannter ist, nämlich von Ernst Stadler: Bahnhöfe (1913)
Und zum Schluß noch etwas kurzes, und dann solls für heute gut sein
August Stramm: Schwermut (1914)
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30.04.2004 20:12 |
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Pia unregistriert
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Mein Lieblingsgedicht ist der Zauberer Korinthe von James Krüss:
Es lebte einst der Zauberer
Kori, Kora, Korinthe.
Der saß in einem Tintenfass
und zauberte mit Tinte.
Wenn jemand damit Briefe schrieb
und schmi und schma und schmollte,
dann schrieb er etwas anderes,
als was er schreiben wollte.
Einst schrieb der Kaiser Fortunat
mit Si, mit Sa, mit Siegel:
"Der Kerl, der mich verspottet hat,
kommt hinter Schloss und Riegel!"
Doch hinterher, da stand im Brief
vergni, vergna, vergnüglich:
"Der Kerl, der mich verspottet hat,
der dichtet ganz vorzüglich!"
Da schmunzelte der Zauberer
Kori, Kora, Korinthe
und schwamm durchs ganze Tintenfass
und trank ein bisschen Tinte.
Ein andermal schrieb Archibal,
der Di, der Da, der Dichter:
"Die Rosen haben hierzuland
so zärtliche Gesichter."
Er hat von Ros´ und Lilienhaar
geschri, geschra, geschrieben.
Doch als das Liedlich fertig war,
da sprach es nur von Rüben.
Da schmunzelte der Zauberer
Kori, Kora, Korinthe
und schwamm durchs ganze Tintenfass
und trank ein bisschen Tinte.
Heut´ schrieb der Kaufmann Steenebarg
aus Bri, aus Bra, aus Bremen
an seinen Sohn in Dänemark:
"Du solltest dich was schämen!"
Doch als der Brief geschrieben war
mit Schwi, mit Schwa, mit Schwunge,
da stand im Brief: "Mein lieber Sohn,
du bist ein guter Junge!"
Da schmunzelte der Zauberer
Kori, Kora, Korinthe
und schwamm durchs ganze Tintenfass
und trank ein bisschen Tinte.
Und wenn er dies nicht glaubeb wullt
vom Schri, vom Schra, Vom Schreiben,
dann seit ihr schließlich selber schuld
und lasst es eben bleiben.
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01.05.2004 14:59 |
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jean unregistriert
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Hallo habe meinen letzten Beitrag editiert jetzt könnt ihr nachlesen, das das Gedicht von Günter Grass ist.
Günter Grass wird euch ja wohl was sagen.
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03.05.2004 07:20 |
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Ginevra
Schülerin
Dabei seit: 12.04.2004
Alter: 67
Herkunft: Schweiz
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Am Wochenende ist mir noch ein Vers eingefallen, der aus einem sehr frühen Programm von OTTO stammt:
Die Gabel des Teufels
Die Gabel des Teufels hat drei Zacken
damit wird er dich schon packen.
Den einen Zinken
bohrter er dir in den linken,
den andern Zacken
in den rechten Backen.
Und mit der Mitte von der Stange
fackelt er auch nicht lange.
Die stösst er dir teuflisch tief in den After
das glaubst du nicht -- das schafft er!
Wie gesagt, von Otto.
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03.05.2004 07:36 |
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Kyra unregistriert
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Mondnacht (Joseph von Eichendorff)
Es war, als hätt' der Himmel,
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nur träumen müss.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
@ Ginevra
Nicht schlimm ist mir auch schonmal passiert.
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03.05.2004 16:42 |
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Tommy
Schülerin
Dabei seit: 13.04.2004
Alter: 35
Herkunft: Sauerland
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Ich hab eigentlich nicht wirklich ein Lieblingsgedicht! Es gibt so viele schöne
@ Delaila: Das Gedicht kenn ich ausm Deutschunterricht, wir machen im Moment Gedichtinterpretionen. Liebesgedichtinterpretationen
Hier ist ein Gedicht, was wir heute durchgenommen haben. Find ich ganz schön:
Gustav Falke
P.S.: Wundert mich, dass keiner dieses "Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?" Gedicht reingeschrieben hat.. oder täusch ich mich?! Hm
__________________ "Ich habe James und Lily niemals verraten. Ich wäre lieber gestorben als das zu tun."
(GvA, S. 384)
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03.05.2004 16:56 |
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Kyra unregistriert
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@Tommy
Ich nehm dich beim Wort
Wir nehmen die nächste Zeit auch Gedichtsinterpretationen durch allerdings machen wir jetzt erstmal kreatives Schreiben also auf die Gedichte "antworten".
1.Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
2. Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst Vater, du den Erlkönig nicht!
Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.
3. Du liebes Kind, komm geh' mit mir!
Gar schöne Spiele, spiel ich mit dir,
Manch bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.
4. Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
In dürren Blättern säuselt der Wind.
5. Willst feiner Knabe du mit mir geh'n?
Meine Töchter sollen dich warten schön,
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.
6. Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh'es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau.
7. Ich lieb dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an,
Erlkönig hat mir ein Leids getan.
8. Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not,
In seinen Armen das Kind war tot.
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03.05.2004 18:31 |
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nicetumor
Lehrerin im Ruhestand
Dabei seit: 13.04.2004
Alter: 37
Herkunft: Wien
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Also das is ein Gedicht, was glaub ich jeder kennt, zumindest den ersten Vers, ich finds immer wieder amüsant.
Eigentlich wollt ich ja als erstes auch den Erlkönig posten, da ich den mit 10 Jahren auswendig lernen musste, und er mir seit dem gefällt, aba das hat ja Kyra für mich übernommen
Finster war's, der Mond schien helle,
schneebedeckt die grüne Flur,
als ein Auto blitzesschnelle
langsam um die Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute
schweigend ins Gespräch vertieft
als ein totgeschossner Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.
Und der Wagen fuhr im Trabe
rückwärts einen Berg hinauf.
Droben zog ein alter Rabe
grade eine Turmuhr auf.
Ringsumher herrscht tiefes Schweigen
und mit fürchterlichem Krach
spielen in des Grases Zweigen
zwei Kamele lautlos Schach.
Und auf einer roten Bank,
die blau angestrichen war
saß ein blondgelockter Jüngling
mit kohlrabenschwarzem Haar.
Neben ihm 'ne alte Schachtel,
zählte kaum erst sechzehn Jahr,
und sie aß ein Butterbrot,
das mit Schmalz bestrichen war.
Oben auf dem Apfelbaume,
der sehr süße Birnen trug,
hing des Frühlings letzte Pflaume
und an Nüssen noch genug.
Von der regennassen Straße
wirbelte der Staub empor.
Und ein Junge bei der Hitze
mächtig an den Ohren fror.
Beide Hände in den Taschen
hielt er sich die Augen zu.
Denn er konnte nicht ertragen,
wie nach Veilchen roch die Kuh.
Und zwei Fische liefen munter
durch das blaue Kornfeld hin.
Endlich ging die Sonne unter
und der graue Tag erschien.
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03.05.2004 18:36 |
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Lord_ Voldemort unregistriert
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Mein Lieblingsgedicht ist eins aus Nachrichten aus Mittelerde.
Einen Namen hat es nicht. Es steht in den Kapitel: Istari.
Wollt ihr wissen die Kunde, die lange verborgen war,
von den Fünf, die kamen, aus einem fernen Land?
Einer nur kehrte zurück. Andere werden niemals wieder
unter Menschenherrschaft Mittelerde suchen,
bis das Verhängnis kommt.
Wie hast du ihn vernommen: den geheimen Rat,
der Herren des Westens, im Land von Aman?
Die langen Pfade sind verschwunden, die dorthin führen.
Und zu sterblichen Menschen spricht Manwe nicht.
Aus den Westen der war, trug ihn ein Wind,
an des Schläfers Ohr, ins Schweigen
unterm nächtlichen Schatten, als Nachricht nahte,
aus vergessenen Landen und verlorenen Zeiten,
über Meere von Jahren, zum suchenden Sinn.
Nicht alle sind vergessen, vom ältesten König,
Sauron sah er, als schleichende Drohung …
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03.05.2004 19:26 |
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Held unregistriert
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Ich kenn hier fast alle weil wir grad in Deutsch Gedichte und Balladen abgeschlossen haben!
Matzes Mütze
Ich kenn da einen Matze
der kennt da eine Katze
Er gab ihr seine Mütze
die fiel dann in ne pfütze
Er tat sie in die Waschmaschine
Dabei sah er eine Biene
Die Biene summte sehr sehr laut
als hätte sie was geklaut
Als Matze dann ins Bettlein ging
hörte er draußen jemand' singen
da sah er eine flotte wanze
die Stilvoll zu der Musik tanzte!
cool ne?
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03.05.2004 20:10 |
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Isabel unregistriert
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Mein absolutes Lieblingsgedicht ist von Kaiserin Elisabeth.
Viele ihrer Gedichte sind ziemlich drepessiv, aber gleichzeitig wunderschön...
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22.06.2004 18:18 |
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Capesider unregistriert
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Ich liebe dieses Topic, Ihr habt ja schon sooo viele wunderschöne Gedichte zusammengetragen. Danke!!!
Von mir kommt auch noch was:
DICH
Dich nicht näher denken
und dich nicht weiter denken
dich denken wo du bist
weil du dort wirklich bist
Dich nicht älter denken
und dich nicht jünger denken
nicht größer nicht kleiner
nicht hitziger und nicht kälter
Dich denken und mich nach dir sehnen
dich sehen wollen
und dich liebhaben
so wie du wirklich bist
[Erich Fried]
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HALTEN
Halten
dich
mich zurück - den Atem an - mich an dich
dich fest aber nicht dir etwas vorenthalten
Halten
dich in den Armen
in Gedanken - im Traum - im Wachen
Dich hochhalten
gegen das Dunkel
des Abends - der Zeit - der Angst
Halten
dein Haar mit zwei Fingern
deine Schultern - dein Knie - deinen Fuß
Sonst nichts mehr halten
keinen Trumpf - keine Reden
keinen Stecken und Stab und keine Münze im Mund
[Erich Fried]
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Dämmerstunde
Im Sessel du, und ich zu deinen Füßen,
Das Haupt zu dir gewendet, saßen wir;
Und sanfter fühlten wir die Stunden fließen,
Und stiller ward es zwischen mir und dir;
Bis unsre Augen ineinander sanken
und wir berauscht der Seele Atem tranken.
[Theodor Storm]
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Das Wunder
Hier ist das Wunder,
das allen immer widerfährt,
die wirklich lieben;
je mehr sie geben, desto mehr besitzen sie
von der kostbaren erhaltenden Liebe,
die Blumen und Kindern Stärke verleiht
und die allen Menschen helfen könnte,
wenn sie sie ohne Zweifel
hinnähmen.
[Rainer Maria Rilke]
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Herbstabend
Du liest in einem Buch.
Ich schaue dich an
und muß lächeln.
Herbstwind drückt gegen
die Fensterscheibe,
die Bäume verlieren
ihre letzten Blätter.
Das Buch unserer Liebe
gewinnt von Tag zu Tag.
[Hans Kruppa]
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Lieben
Ich liebe dich, weil ich dich lieben muß;
Ich liebe dich, weil ich nicht anders kann;
Ich liebe dich nach einem Himmelsschluß;
Ich liebe dich durch einen Zauberbann.
Dich liebe ich, wie die Rose ihren Strauch;
Dich liebe ich, wie die Sonne ihren Schein;
Dich liebe ich, weil du bist mein Lebenshauch;
Dich liebe ich, weil dich lieben ist mein Sein.
[Friedrich Rückert ]
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27.06.2004 01:03 |
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Nightfever unregistriert
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Wirklich schöne Gedichte! Meine Lieblinge (Mondnacht, Panther...) waren ja zum Teil schon dabei, aber auch einige, die ich noch gar nciht kannte.
Dann steure ich auch etwas bei:
Ich liebe Heinz Erhard und Friedrich Schiller
Nietzsche ist auch manchmal toll...
***
Ich gönn's der dummen Kuh jedesmal wieder
Schick ist auch:
(Aus dervon
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27.06.2004 15:59 |
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Krümelchen unregistriert
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Das schönste Gedicht, das es je über die Freundschaft gab!!!!!
Die Bürgschaft Friedrich von Schiller
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Damon, den Dolch im Gewande;
ihn schlugen die Häscher in Bande.
„Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!“
entgegnet ihm finster der Wüterich. -
„Die Stadt vom Tyrannen befreien!“
„Das sollst du am Kreuze bereuen!“
„Ich bin“, spricht jener, „zu sterben bereit
und bitte nicht um mein Leben;
doch willst du Gnade mir geben,
ich flehe dich um drei Tage Zeit,
bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,
ich lasse den Freund dir als Bürgen –
ihn magst du, entrinn´ ich, erwürgen.“
Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
„Drei Tage will ich dir schenken.
Doch wisse: wenn sie verstrichen, die Frist,
eh du zurück mir gegeben bist,
so muß er statt deiner erblassen,
doch dir ist die Strafe erlassen.“
Und er kommt zum Freunde: „Der König gebeut,
daß ich am Kreuz mit dem Leben
bezahlte das frevelnde Streben;
doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,
bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,
so bleib du dem König zum Pfande,
bis ich komme, zu lösen die Bande.“
Und schweigend umarmt ihn der treue Freund
Und liefert sich aus dem Tyrannen,
der andere ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,
hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,
eilt heim mit sorgender Seele, damit er die Frist nicht verfehle.
Da gießt unendlicher Regen herab,
von den Bergen stürzen die Quellen,
und die Bäche, die Ströme, schwellen.
Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab,
da reißet die Brücke der Strudel hinab,
und donnernd sprengen die Wogen
des Gewölbes krachenden Bogen.
Und trostlos irrt er an Ufers Rand:
Wie weit er auch spähet und blicket
Und die Stimme, die rufende, schicket –
Da stößet kein Nachen vom sichern Strand,
der ihn setze an das gewünschte Land,
kein Schiffer lenket die Fähre,
und der wilde Strom wird zum Meere.
Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht,
die Hände zum Zeus erhoben:
„O hemme des Stromes Toben!
Es eilen die Stunde, im Mittag steht
Die Sonne und wenn sie untergeht
Und ich kann die Stadt nicht erreichen,
so muß der Freund mir erbleichen.“
Doch wachsend erneut sich des Stromes Wut,
und Welle auf Welle zerrinnet,
und Stunde an Stunde entrinnet,
da treibt ihn die Angst, da fasst er sich Mut
und wirft sich hinein in die brausende Flut
und teilt mit gewaltigen Armen
den Strom, und ein Gott hat Erbarmen.
Und gewinnt das Ufer und eilet fort
Und danket dem rettenden Gotte:
Da stürzt die raubende Rotte
Hervor aus des Waldes nächtlichem Ort,
den Pfad ihm sperrend und schnaubet Mord
und hemmet des Wanderers Eile
mit drohend geschwungener Keule.
„Was wollt ihr?“ ruft er, für Schrecken bleich;
„Ich habe nichts als mein Leben,
das muß ich dem König geben!“
Und entreißt die Keule dem nächsten gleich:
„Um des Freundes Willen erbarmet euch!“
Und drei, mit gewaltigen Streichen,
erlegt er, die andern entweichen.
Und die Sonne versendet glühenden Brand,
und von der unendlichen Mühe
ermattet, sinken die Knie:
„O, hast du mich gnädig aus Räuberhand,
aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land,
und soll hier verschmachtend verderben
und der Freund mir, der liebende, sterben?“
Und horch, da sprudelt es silberhell
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,
und stille hält er zu lauschen;
und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell,
springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell,
und freudig bückt er sich nieder
und erfrischt die brennenden Glieder.
Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün
und malt auf den glänzenden Matten
der Bäume gigantische Schatten:
und zwei Wanderer sieht er die Straße ziehn,
will eilenden Laufes vorüberfliehn;
da hört er die Worte sie sagen:
“Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen.“
Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß,
ihn jagen der Sorge Qualen;
da schimmern in Abendrots Strahlen
von ferne die Zinnen von Syrakus,
und entgegn kommt ihm Philostratus,
des Hauses redlicher Hüter,
der erkennet entsetzt den Gebieter:
„Zurück, du rettest den Freund nicht mehr,
sorette das eigene Leben!
Den Tod erleidet er eben.
Von Stunde zu Stunde gewartet´er
Mit hoffender Seele die Wiederkehr,
ihm konnte den mutigen Glauben
der Hohn des Tyrannen nicht rauben.“
„Und ist es zu spät und kann ich ihm nicht
ein Retter willkommen erscheinen,
so soll mich der Tod ihm vereinen.
Des rühme der blut´ge Tyrann sich nicht,
daß der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht –
er schlachte der Opfer zweie
und glaube an Liebe und Treue!“
Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor
Und sieht das Kreuz schon erhöhet,
das die Menge gaffend umstehet;
an dem Seile schon zeiht man den Freund empor,
da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:
„Mich, Henker!“ ruft er, „erwürget!
Da bin ich, für den er gebürget!“
Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,
in den Armen liegen sich beide
und weinen für schmerzen und Freude.
Da sieht man kein Auge tränenleer,
und zum König bringt man die Wundermär´:
der fühlt ein menschliches Rühren,
lässt schnell vor den Thron sie führen.
Und blicket sie lange verwundert an;
Drauf spricht er: „Es ist euch gelungen,
ihr habt das Herz mir bezwungen,
und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn –
so nehmet mich zum Genossen an.
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
in eurem Bunde der dritte!“
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27.06.2004 22:58 |
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