Harry Potter Xperts Forum
Zur StartseiteRegistrierungKalenderMitgliederlisteTeammitgliederStatistikSucheHäufig gestellte FragenForumregeln



Ähnliche Themen
Thread Gestartet Hits Antworten Letzte Antwort
Urban Fantasy: Fantasy-Geschichten, die in der realen [...] (Forum: Literatur)   02.06.2015 16:10 von Lord_Slytherin   4.967 11   28.08.2015 10:34 von Beatrix  
1 Dateianhänge enthalten [User-Fanfiction] fantasy fanfictions by Prongs01 (Forum: User-Fanfictions)   09.05.2014 21:27 von Prongs01   2.402 4   15.08.2014 22:51 von Prongs01  
Was ist bloß mit der Fantasy passiert? (Forum: Literatur)   10.09.2013 01:32 von Albus Dumbledore   7.162 23   23.02.2014 06:28 von Sebbe  
Umfrage: Wäre Harry Potter genauso erfolgreich geworden, wenn [...] (Forum: Bücher allgemein)   17.04.2009 23:14 von FrlCosmos   15.378 38   16.10.2013 11:37 von Lily-Petunia  
Fantasy-Genre am Ende (Forum: Kino & TV)   16.08.2013 12:27 von Annemaus   2.394 7   20.08.2013 16:05 von Jenny4407  

Harry Potter Xperts Forum » Die Große Halle » Bücher » Bücher allgemein » "Reise des Helden" und Bewährungsproben: über den Erfolg von Fantasy » Hallo Gast [Anmelden|Registrieren]
Letzter Beitrag | Erster ungelesener Beitrag Druckvorschau | An Freund senden | Thema zu Favoriten hinzufügen
Neues Thema erstellen Antwort erstellen
Zum Ende der Seite springen "Reise des Helden" und Bewährungsproben: über den Erfolg von Fantasy
Autor
Beitrag « Vorheriges Thema | Nächstes Thema »
Bernhard Nowak Bernhard Nowak ist männlich
Schüler

images/avatars/avatar-61441.jpg

Dabei seit: 26.08.2004
Alter: 60
Herkunft: Rödermark



"Reise des Helden" und Bewährungsproben: über den Erfolg von Fantasy Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden      Zum Anfang der Seite springen

Dank Harry Potter blüht die Fantasy-Literatur. Das - wohl nicht zufällig in dem Monat, in welchem Harry Potter Band 7 auf deutsch erscheint.

Folgenden finde ich so interessant, dass ich ihn hier wiedergeben möchte.

"Fantasy setzt jährlich Milliarden Euro um: Fantasy-Filme wie "Der Herr der Ringe", "Harry Potter" oder der im Dezember anlaufende "Der Goldene Kompass", deren Vorlage Fantasy-Romane sind, erzielen weltweit gewaltige Einnahmen. Computer- und Konsolen-Spiele, vor allem die Online-Rollenspiele, bei denen man, über das Internet verbunden, mit anderen Spielern spielt, basieren größtenteils auf fantastischen Stoffen. Was aber begeistert derart nachhaltig an Fantasy? Lars Schiele hat sich, passend zu den Helden der Fantasy-Literatur, auf den Weg gemacht - der Faszination auf der Spur."

"Fantasy-Romane erzählen von mutigen Helden in fremden Welten voller Magie und Übernatürlichem - übernatürlich für uns, aber nicht für deren Bewohner.

Dort tummeln sich Monster wie Drachen und Elfen, Zwerge und Orks, beispielsweise in J.R.R. Tolkiens Schöpfung "Mittelerde" aus seinem Kinderbuch (1937) und seiner Trilogie . Fantasy umfasst weiterhin die abenteuerlichen Geschichten mutiger, muskelbepackter Schwertkämpfer wie (ursprünglich erdacht von Robert E. Howard, aber seitdem von zahlreichen Autoren fortgesponnen). Fantasy beinhaltet schließlich auch die Lehrjahre von Kindern, die in unserer nüchternen Welt eine andere, magische Welt entdecken. Vor gehört dazu Mildred Hoppelt aus von Jill Murphy. Was haben diese Erzählungen gemeinsam?



Fantasy als Genre beinhaltet als unverzichtbares Handlungselement Magie oder eine andere Form des Übernatürlichen. Es gibt zahlreiche Überschneidungen mit Horror und Science-Fiction, den anderen Formen der Phantastik. Die meisten Fantasy-Erzählungen sind um eine innere Glaubwürdigkeit der erdachten Welten bemüht - das Wunderbare geschieht nicht grundlos, sondern gehorcht eigenen Gesetzen.

Die Herausforderung, sich auf eine solche Erzählung überhaupt einzulassen, scheint für Erwachsene größer zu sein als für Jugendliche oder Kinder. Ihnen ermöglicht die inhaltliche Nähe der Fantasy zum Märchen einen leichten Einstieg. Der kleine Hobbit beginnt mit den Worten: "In einer Höhle in der Erde, da lebte ein Hobbit." Der Leser muss, um dergleichen Ungewohntes und Phantastisches wie den kurz darauf folgenden Auftrit eines Zauberers zu akzeptieren, erst einmal seine Skepsis ablegen und die Erzählung akzeptieren.

Zur allgemeinen Nähe von Jugendbuch und Fantasy trägt zusätzlich der Umstand bei, dass es in Großbritannien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich war, Fantasy-Romane stets als Kinderbücher zu veröffentlichen. Das veranlasste viele der damals im wesentlichen britischen autoren, phantastische Stoffe gleich in Form von Kinderbüchern auszuarbeiten, und führte schließlich zu einer Einordnung der Fantasy-Literatur als einen Bereich der Kinder- und Jugendliteratur.

Diese Einordnung gilt heute zwar nicht mehr, die Nähe der Fantasy zur Jugendliteratur blieb aber bestehen.



Den größten Erfolg innerhalb des Genres erzielte J. R.R. Tolkien mit Der Herr der Ringe. Die Aufteilung des Romans in drei Bände war eine kurzfristige Maßnahme des Verlags, um angesichts hoher Papierpreise im Großbritannien der Nachkriegszeit die Produktionskosten niedrig zu halten. Der Autor erfand für die drei Bände die Titel Die Gefährten, Die zwei Türme und Die Rückkehr des Königs - wobei er selbst später angab, dass nicht eindeutig sei, welche zwei Türme dem zweiten Band eigentlich den Titel gegeben hätten.

Tolkiens ist für typische Inhalte der Fantasy bis heute bestimmend: Während bereits davor Autoren wie George MacDonald (1824-1905), William Morris (1834-1896), Helen Hope Mirrlees (1887-1978), Lord Dunsany (1878-1957), Mervyn Peake (1911-1968) und C. S. Lewis (1898-1963) mit Romanen wie phantastische Welten mit Geschöpfen aus Märchen und Sagen erdacht hatten, hat Tolkiens Erfolg zahlreiche Autoren veranlasst, in ihren Werken "Mittelerde" in allen Wesenszügen nachzubilden: Zwerge, Elfen und Orks gehören seitdem zu den typischen Akteuren in Fantasy-Romanen.



Zu den aktuellen Werken mit großer inhalticher Nähe zu Tolkiens Roman sind auch die meinsten Bücher einer Reihe zu zählen, die als solche daherkommt, ohne tatsächlich eine zu sein, und in zwei Verlagen erscheint: Im Herbst 2002, während der Verfilmung von weltweit lief, veröffentlichte Heyne sehr erfolgreich von Stan Nicholls; ein schlichter Fantasy-Roman, erzählt aus der Sicht der sonst meist als Gefolgsleute des Bösen auftretenden Orks. Kurz darauf erwarb Piper die Fantasy-Sparte von Heyne, und Die Orks wechselten auf die Backlist des Piper-Verlags. Sowohl Piper als auch Heyne versuchten nun, die Erfolgsformel hinter auszunutzen, und brachten Bücher um Wesen aus Tolkiens Welt heraus, welche zugleich den Titel gaben: Markus Heitz veröffentlichte bei Piper 2003 , im Herbst 2004 legte Heyne mit von Bernhard Hennen und James Sullivan nach. 2005 erwiderte Piper mit von Julia Conrad, Die vpm Christoph Hardenbusch 2006 bei Heyne- Amfang 2007 brachte Piper das (durchaus originelle) von Karl-Heinz Witzko heraus; und zu jedem dieser Bücher folgten und folgen Pre- oder auch Sequels. All diese Titel verkaufen sich nicht vier-, sondern fünfstellig (oder besser). Kein Wunder also, dass Bastei-Lübbe mit von Jim C. Hines im September und Egmonts neue Fantasy-Sparte Lyx mit Alfred Bekkers (Herbst 2007) und Die Könige der Elben (November 2008) ebenfalls in diesen Wettbewerb eingestiegen sind.



Natürlich gibt und gab es auch zahlreiche andere Autoren, die deutlich wie Tolkien zu schreiben versuchen; im Jugendbuch bekannt ist der US-Amerikaner Christopher Paolini mit , dessen dritter und abschließender Band schon längere Zeit auf sich warten lässt.

Apropros dritter Band - selbst in diesem Detail ist formatbestimmend: Kai Meyer produziert bei Loewe mit der -Trilogie (2001/2002), der -Trilogie (2003/2004) und der -Trilogie (ganz aktuell: ) einen Fantasy-Dreiteiler nach dem anderen. Thomas Finns bei Ravensburger verlegte sind mit dem im September erschienenen dritten Band komplett, und Jonathan Stroud schrieb drei Bücher über den zynischen Dschinn (dbj), bevor er seine Hauptfigur erlöste. Auch Cornelia Funke hat gerade mit einen abschließenden dritten Band vorgelegt.

Im Gegensatz dazu hat J. K. Rowling ihre Reihe um erst mit dem im Oktober bei Carlsen auf Deutsch erschienenen siebenten Band beendet. Sie hat auch andere literarische Ahnen als Tolkien: Enid Blyton mit ihrer Lissy-Reihe, die an einem englischen Internat spielt (1940-1945, auf Deutsch 2004 bei Bertelsmann), und Jill Murphy, die bereits 1974 ihre Internatsromane an eine Schule verlegt hat, an der Zauberei gelehrt wird. Von den zehn Bänden über Hexenschülerin Mildred Hoppelt, sind erst fünf seit 2002 bei Diogenes erhältlich. In Deutschland ist die Reihe vor allem durch die gleichnamige Fernsehserie bekannt.



Das Aufgreifen bekannter Ideen ist also typisch für die Fantasy-Literatur. Umso mehr, als sie häufiger als andere literarische Genres einer bestimmten übergeordneten Struktur folgt, nämlich der sogenannten ". Diese Struktur hat unter anderem in (Insel-Verlag) und (dtv) aufgezeigt, nachdem er zahlreiche Sagen aus unterschiedlichen Ländern und Epochen verglichen hatte.

Auch moderne Erzählungen wie ge, Filme wie oder bis hin zu zeitgenössischer Fantasy-Literatur für Erwachsene wie für Jugendliche folgen Campbells "Reise des Helden." Manche Autoren orientieren sich bloß an den Erzählmustern der Märchen ihrer Kindheit; andere haben sich als angehende Drehbuchautoren in speziellen Seminaren die "Reise des Helden" als regelrechten Bauplan einimpfen lassen (Campbell wird seit Jahrzehnten Drehbuchschreibern als Handwerkzeug empfohlen). Begeben also auch wir uns auf die "Reise des Helden":



Des Helden gewöhnliche Umgebung ist vor allem normal. Es mag aber durchaus Probleme oder Ungerechtigkeiten geben.

Der Ruf des Abenteuers erreicht den Helden: Er erhält die Gelegenheit, eine Reise anzutreten. Häufig ergibt sich die Notwendigkeit aus einem Problem in der gewöhnlichen Umgebung.

Der Held verweigert sich dem Ruf - oft aus Angst vor den Herausforderungen, die vor ihm liegen.

Der Mentor: Der Held begegnet einem erfahreneren oder weiseren Individuum, das ihm guten Rat gibt und ihn ermutigt.

Die erste Schwelle: Nachdem sich der Held vorbereitet hat, betritt er die andere Welt, die sich stark von seiner Heimat unterscheidet. Der Übergang dorthin ist schwierig, gelingt aber dank besonderer Kräfte oder neuentdeckter Fähigkeiten.




In der Welt jenseits der Schwelle begegnen dem Helden Prüfungen, Verbündete und Feinde. Er stößt auf Hindernisse, die er meist erfolgreich überwindet. Es erscheinen weitere Personen, die ihm helfen uoder ihn behindern. Der Held lernt mehr über seine neuentdeckten außergewöhnlichen Fähigkeiten.

Näher zur innersten Höhle gelangt der Held, nachdem er diese Hindernisse bezwungen hat. Er gelangt an den geheimnisvollsten Ort der gesamten Erzählung, ans Ziel seiner Mission.

Das Duell um den großen Schatz der Reise gibt es in fast jedem Fantasy-Roman: Am geheimnisvollsten Ort muss der Held mit dem eigentlichen Schurken kämpfen.

Die Belohnung erringt der Held nach dem Kampf dank der Lehren des Mentors und der Erfahrungen seiner Reise. Häufig löst die Belohnung auch Probleme, die sich im Verlauf der Handlung ergeben haben.




Der Rückweg ist oft gefahrenvoll, sodass der Held in diesem Kapitel sterben kann. Manchmal besteht die Todeserfahrung nur darin, dass er sich von liebgewonnenen Lügen und Illusionen trennen muss.

Die Wiederauferstehung des Helden gelingt, da er die vorigen Abenteuer bestanden hat. Nach seiner Wiederauferstehung ist er ein anderer Mensch als zu Beginn des Buches.

Die Rückkehr mit dem Elixier erfolgt über den Weg, den der Held im letzten Kapitel des ersten Aktes vollzogen hat. Der Held kehrt mit seiner Belohnung in seine vertraute Umgebung zurück. Seine neugewonnenen Fähigkeiten lässt er häufig an der Schwelle zurück.




Diese "Reise des Helden" ist das für die Fantas-Literatur mit Abstand wichtigste dranaturgische Schema. Das ist kein Beleg für mangelnde Originalität: Es gibt in jedem Genre mehr schlechte als gute Bücher. Kennt man Geschichte und spezielle Merkmale der Fantasy-Literatur, kann man aber schlechte Fantasy-Bücher besser erkennen: Sie halten sich sklavisch an Tolkiens Vorgaben oder auch an die "Reise des Helden" und wirken wie Fließbandprodukte. Doch Qualität lässt sich wie überall auch in der Fantasy-Literatur finden, wenn etwa der irische Autor Herbie Brennan es in dem mehrfach fortgesetzten (dtv) ganz nebenbei schafft, die Scheidung der Eltern des Protagonisten und das homosexuelle Coming-out seiner Mutter mit einer spannenden und originellen Handlung zu verbinden.



Fantasy umfasst Erzählungen, in der das aus unserer Sicht Übernatürliche innerhalb eines in sich schlüssigen Geschehens eine wesentliche Rolle spielt. In dem Subgenre "Lost Worlds" (Vergessene Welten) wird eine vergessene Welt aus der Vergangenheit entdeckt. In der tolkienesken Fantasy rettet ein bescheidener Auserwählter mit Hilfe einer bunt zusammengestellten Gefährtentruppe eine mittelalterliche Welt, in der auch Elfen, Zwerge und Orks leben. In der "Sword and Sorcery" (Schwerter und Zauberei) kämpfen muskelbewehrte Helden wie Conan gegen finstere Zauberer. Und spätestens seit dem Erfolg von Rowlings muss man auch den ein eigenes Subgenre zugestehen - irgendwo zwischen Oliver Hassencamps (zuletzt 2001 bei Bertelsmann) Otfried Preußlers noch heute erhebendem Meisterwerk (Thienemann) und modernen Nachfolgern wie Peter Freunds -Romanen (Bastei).

Warum all das über Zeiten und Altersgrenzen hinweg so fasziniert? Weil Fantasy-Literatur Probleme zuspitzt und dadurch eine leichte Möglichkeit zur Identifikation bietet: Den Helden aus bescheidenen Verhältnissen erkennen Kinder und Jugendliche in sich selbst wieder. Wenn dieser Held in eine fremde und unbekannte Welt aufbricht, sich dort in Kämpfen und Auseinandersetzungen bewährt, dabei sich selbst treu bleibt und schließlich alles zum Guten wendet, dann ist das gerade für Leser, denen die Herausforderung des Erwachsenwerdens bevorsteht, spannend und wichtig.



__________________
King: You're a monster, Urquhart.
Urquhart:You might very well think that, Sir, but your opinion doesn't count for very much now, does it? Good day, Sir. Grinsen

Ian Richardson in: "House of cards, Teil 2: To play the King"

Dieser Beitrag wurde 6 mal editiert, zum letzten Mal von Bernhard Nowak: 20.10.2007 13:23.

20.10.2007 12:50 Bernhard Nowak ist offline E-Mail an Bernhard Nowak senden Homepage von Bernhard Nowak Beiträge von Bernhard Nowak suchen Nehme Bernhard Nowak in deine Freundesliste auf
Voldy
unregistriert


Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden      Zum Anfang der Seite springen

Zu allererst eine Scherzfrage, die ich mir nicht verkneifen kann:
Wann erscheint endlich "Die Ents" beim Heyne Verlag? Bitte, ich will die Ents, sonst ist das Diskriminierung! breites Grinsen

Und jetzt mal ernsthaft:
Was der Autor nicht erwähnte - Fantasy und Phantastik sind zwei unterschiedliche Genres. Zu gern wird das alles in einen Topf geworfen. Tolkiens Herr der Ringe ist Fantasy, da das Universum eindimensional ist. (alle übernatürlichen Dinge ´sind im Universum enthalten und werden als "normal" akzeptiert) Herry Potter oder Narnia ist Phantastik, da es klare Grenzen zwischen realer Welt und Fantasywelt gibt - somit Zweidimensional. Auch wenn bei HP diese Grenze stark verschwommen ist und das Genre gegen Mitte der Reihe schon so gut wie Fantasy ist.

In Punkto Phantastik möchte ich hier jetzt gern einen russischen Autor nennen, der in Russland und seit einiger Zeit auch in Europa und den USA im kommen ist: Cool
Bei ihm kann man schon gar nicht mehr genau sagen, was es eigentlich jetzt genau für ein Genre ist. Fantasy? Phantastik? Punk-Horror? Gesellschaftssatire? Sicherlich hat er von allem etwas - und gerade das liebe ich so an ihm. Nach dem Erfolg der "Wächter"-Saga (Wächter der Nacht/ Wächter des TAges/ Wächter des Zwielichts/ Wächter der Ewigkeit) veröffentlicht Heyne jetzt auch andere Werke von ihm, z.b.: "Das Schlangenschwert", "Spektrum" oder "Schattenwelten"
Lukianenkos Welten sind etwas ganz besonders, nicht nur wegen dem wildem Genre-Mischmasch, den er uns hier anbietet, sondern weil er gezielt, teils philosophisch, punkig-peppig Satire und Gesellschaftskritik einbringt. "Wächter"-Leser werden sich da sicherlich nur zu gut an die "Endlosdialoge" über Gut und Böse erinnern können. Das schöne daran; er macht es nicht fest. Was ist Gut & Böse? - reine Ansichtssache!

Lukianenko ist nicht ohne Grund einer der wohl momentan populärsten Phantastikautoren. Einfach genial.
20.10.2007 14:52
Bernhard Nowak Bernhard Nowak ist männlich
Schüler

images/avatars/avatar-61441.jpg

Dabei seit: 26.08.2004
Alter: 60
Herkunft: Rödermark

Themenstarter Thema begonnen von Bernhard Nowak


Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden      Zum Anfang der Seite springen

Sergej Lukianenkos "Wächter-"Bände (jetzt vier Bände) sind in der Tat sehr erfolgreich und nicht eindeutig einem Genre zuzuordnen - Fantasy-Roman, Vampirgeschichten etc. Gerade, dass hier nicht eindeutig festlegbar ist, wer die Guten und wer die Bösen sind - Anton, der Protagonist, weiß dies ja selber am Ende nie - macht m.E. - neben der augenzwinkernden Ironie der Bände und Anspielungen auf russische Klassiker (etwa Bulgakow) den Erfolg der Serie aus.

Was die Genre-Einteilung Fantasy, Phantastische Literatur angeht, so gibt es ja zahlreiche Definitionen. Wieland Freund, der Autor des neuerschienenen Jugendbuches: "Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts" (Beltz & Gelberg, 2007) definiert den Unterschied zwischen Fantasy und phantastischer Literatur folgendermaßen:
"Fantasy ist, wenn die phantastische Welt ein geschlossener Raum ist. Ein phantastischer Roman dagegen stellt die vermeintliche Realität der Erdachten gegenüber. Eine Theorie, die allerdings unter Literaturtheoretikern und vor allem -historikern umstritten [sei]". (Quelle: "Eselsohr Heft 10/07, S. 9)

Das "Lexikon der Phantastischen Literatur" / hrsg. von Rein A. Zondergold und Holger E. Wiedenstried (Ed. Weitbrecht, 1998) schreibt hierzu folgendes:

"Was ist phantastische Literatur? Einleitende Bemerkungen zu einem Definitionsproblem.

Wenn der französische Theoretiker Louis Vax am Anfang eines Aufsatzes schreibt: "Wir werden den gewagten Versuch, das Phantastische zu definieren, nicht unternehmen" und zugleich angibt, er wolle versuchen, "das Gebiet des Phantastischen einzugrenzen", so bezieht er damit eine in Anbetracht der extremen Definitionsschwierigkeiten höchst verständliche Position. Dennoch hatte schon Nodier in seinem Aufsatz "Du fantastique en literature" 1830 eine erste Annäherung an den so schwer zu umreißenden Begriff versucht und es sind in unserer Zeit in erster Linie französische Theoretiker gewesen, die sich dieser Aufgabe widmeten. Während bei Marcel Schneider die Begriffe des Wunderbaren und Märchenhaften zu sehr mit dem Phantastischen gleichgesetzt werden, gelang Roger Callois in seinem Aufsatz "Lìmage fantastique" aus "Images, images" (1966) eine höchst brauchbare, wenn auch anfechtbare Definition des Begriffes "phantastisch" in der Literatur: "Im Phantastischen offenbart sich das ÜBernatürliche wie ein Riss in dem universellen Zusammenhang. Das Wunder wird dort zu einer verbotenen Aggression, die bedrohlich wirkt und die Sicherheit einer Welt zerbricht, in der man bis dahin die Gesetze für allgültig und unverrückbar gehalten hat. Es ist das Unmögliche, das unerwartet in einer Welt auftaucht, aus der das Unmögliche per definitionem verbannt worden ist."

Anhand dieser Definition konnte Caillois einen Kanon von Werken sowohl in der Literatur wie, sehr viel fragwürdiger, in der Malerei aufstellen, die als phantastich z u betrachten seien. Prinzipiell schließen wir uns dieser auch heute noch von den meisten Phantastikforschern akzeptierten Definition an, wobei wir allerdings in folgender Weise modifizieren wollen: Das Phantastische in der Literatur lässt sich nicht allein als Riss in der Wirklichkeit beschreiben, sondern vielmehr ist der Riss das eine, äußerste Ende auf einer Skala von Wirklichkeitsirritationen, deren anderes Extrem eher einer Verbärbung der Wirklichkeit gleicht (vgl. die Autorenverweise Perutz, Sandoz, und den Verweis auf den "magischen Realismus"). Beim Strukturalisten Todorov wird die Definition des Phantastischen auf einem anderen Weg versucht. Ausgehend von einer natürlichen und einer übernatürlichen Ordnung will Todorov den Begriff "phantastisch" nur dann angewandt sehen, wenn unentschieden bleibt, ob ein dargestelltes Ereignis einer der beiden Ordnungen zugehört, denn sobald es sich als "natürlich" erweist, ist das Ereignis im besten Fall "unheimlich", wäührend es, gehört die erklärung dem Bereich des "Übernatürlichen" an, "wunderbar" ist.

Diese von Stanislaw Lem zu Recht kritisierte Definition führt in ihrer Konsequenz zu einer so großen Einengung des Begriffes, dass er sich selbst, auch wenn dies paradox erscheinen mag, aufzulösen droht. In dem ersten Aufsatz des Bandes "Utopier" (1969) des Schweden Lars Gustafsson wird, von Caillois ausgehend, zum ersten Mal eine ideologische Bestimmung des GEnres angedeutet. Es heißt bei Gustafsson: "Das Phantastische in der Literatur existiert also nicht als eine Herausforderung an das Wahrscheinliche, sondern erst, wenn es zu einer Herausforderung an die Vernunft selbst gesteigert werden kann: das Phantastische in der Literatur besteht letztlich darin, die Welt als undurchsichtig, als der Vernunft prinzipiell unzugänglich darzustellen." Und er kommt zu der Schlussfolgerung: "Diese Attitüde entspricht in allem Wesentlichen einer reaktionären moralischen Haltung."

Gustafssons auf den ersten Blick stimmige ideologische Deutung vermag letztlich aber nicht zu überzeugen. Die phantastische Literatur, die mit dem gothic novel und dem Schauerroman in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihren Anfang nimmt, wird zumeist als eine notwendige Gegenbewegung zur Aufklärung angesehen. Es wird davon ausgegangen, dass sie die Bedürfnisse des Menschen nach Irrealität, dem Unerklärlichen, dem Mystischen in einer Welt, die ihrer Geheimnisse beraubt zu sein scheint, befriedigt. Dabei fällt freilich auf, dass in dieser Frühpghase der phantastischen Literatur (Mrs. Ann Radcliffe) die Aufklärung dennoch einen beträchtlichen Einfluss ausübt, weil in den meisten Schauerromanen die ganzen scheinbar übernatürlichen Ereignissse als vom Menschen manipulierte erscheinen. So erweisen sich die Geistererscheinungen ub Radcliffes "The Mysteries of Udolpho" als Wachsfiguren (erklärte Phantastik).

Bei der Frage nach der Bedeutung der phantastischen Literatur für den Leser vom Ende des 18. Jahrhunderts bis heute sollte freilich nicht außer Acht gelassen werden, dass die Industrialisierung in der westl8ichen Welt, ihre zunehmende Technisierung vom Frühkapitalismus bis zum Cyberspace-Universum des ausgehenden Jahrtausends, als Folge der Aufklärung betrachtet werden muss. Diese von der Ratio und der daraus folgenden Technisierung, also einem grundsätzlich erklärbaren Phänomen, beherrschte Welt ist aber für den Menschen, wenn er nicht gerade Chemiker, Physiker oder Computerspezialist ist, nicht mehr durchschaubar. Aufklärung und Industrialisierung bieten ihm zwar eine bis ins Detail begreifbare Welt, er aber kann sie, aufgrund mangelnder Kenntnisse, nicht mehr begreifen. Da die Aufklärung ihm auch die Relgiion, diesen rettenden Sprung in die Nicht-Eindeutigkeit, genommen hat, sucht er in der Literatur nach einem Fluchtweg. Nun hat die phantastische Literatur die Undurchschaubarkeit der Welt zum Prinzip gemacht, wobei dieses Prinzip auf der rein inhaltlichen, wie auch auf der erzähltechnischen Ebene (unheimliche und strukturelle Phantastik) oder auf einer Kombination der beiden sich äußern kann; so ermöglicht sie dem durch die Vernünftigkeit de Welt verwirrten Leser eine beruhigend verwirrende, mystische Welt. Die Phantastik befriedigt also das seit der Aufkärung nicht mehr erfüllte Bedürfnis nach Unerklärlichkeit in einer Welt, die dem Leser als erklärlich dargelegt wird, die er aber trotzdem nicht versteht. Auf diese WEise wäre es möglich, die phantastische Literatur als äußerste Konsequenz der Aufklärung zu sehen."

In Abgrenzung dazuu stellt das Lexikon Fantasy folgendermaßen dar:

"Neben der Scence Fiction und er phantastischen Literatur gibt es ein literarisches Genre, das als Fantasy oder Heroic Fantasy bezeichnet wird. Das wesentliche Merkmal der zu diesem Genre zähl3enden Werke führt Sprague de Camp in der Einleitung zum Band "Sword and Sorcery" (1963) - übrigens eine weitere Bezeichnung des Genres - an: "Mit Heroic Fantawy bezeichnet man eine bestimmmte Art von Geschichten, die sich nicht in der Welt, wie sie ist, war oder sein wird, abspielen, sondern in der Welt, wie sie sein sollte, um eine gute Geschichte abzugeben. (...) Es sind phantastische Abenteuergeschichten, die sich in imaginären prähistorischen oder mittelalterlichen Welten abspielen, als alle Männer stark, alle Frauen schön, alle Probleme einfach waren und die Welt ein einziges Abenteuer war."

Mit diesen Worten eines Mannes, der nicht nur als Theorietiker, sondern auch als Autor sich mit der Fantasy beschäftigte, geht schon ihr eskapistischdrr Charakter hervor. Sie bildet damit einen deutlichen Gegensatz zur phantastischen Literatur. Die Grundhaltung der meisten Fantasy-Texte ist reaktionär, häfug sogar eindeutig faschistoid. Dies gilt weniger für die frühen Beispiele des Genres bei William Morris oder Lord Dunsany, die eher zur Utopie und zum Märchen neigen, als für die eigentlichen Hauptwerke von Eddison, Tolkien, Catherine Moore, Fritz Leiber und vor allem für die Conan-Geschichten von Howard, die eine einzige Feier männlicher Brutalität, vom blonden Barbaren Conan personifiziert, darstellen. Weiteree Autoren von Bedeutung in diesem Bereich sind: Clark Asthton Smith, Cabell, Lindsay und Peake. Unzählige Trivialautoren mit einer Neigung zu Zyklen haben in den letzten Jahrzehnten das angebot an Fantasy-Literatur sehr vergrößert (Marion Zimmer- Bradley mit ihrem "Avalon-Zyklus", Wolfgang Hohlbein)."

Quelle: Lexikon der Phantastischen Literatur /Rein A. HZondergold; Holger E. Wiedenstried. - Stuttgart; Wien; Bern : Weitbrecht, 198. -
Definition Phantastische Literatur: Einleitung S. 12-14
Definition Fantasy im Sachteil S. 391.



Zur Zuordnung verschiedener Texte mit übernatürlichen Phänomenen wird häufig folgende Abgrenzung gezogen, die auch in dem oben erwähten Lexikon der Phantastischen Literatur - in der Definition von Callois - verwendet wird:

: spielt in , unserer Welt, das Übernatürliche ist dort jederzeit möglich. Es gibt keinen Bruch zweier Welten, die als Bedrohung empfunden werden könnte.

: spielt ebenfalls in , in einer anderen Welt, die mit unserer nichts zu tun hat (letztlich gehören auch die Harry-Potter-Romane m.E. dazu, wobei die Grenze zur Phantastik durchaus schwimmend ist, da streng genommen auch von zwei Welten - die der Muggel und die der Zauberer - gesprochen werden kann, die nicht kompatibel sind. Besonders die Szene mit dem Premierminister - Anfangskapitel von Band 6 - kann auch als Beispiel phantastischer Literatur gesehen werden.)

: sie spielt in , wobei der Zusammenstoß beider Welten als Bedrohung wirkt und "unnatürlich" ist. Beispiele sind die in der Phantastischen Bibliothek von Babel (jetzt von der Büchergilde Gutenberg neu aufgelegten) gesammelten Erzählungen von Borges, Lugones und anderen.

Letztlich bleiben solche Einteilungen aber immer unbefriedigend, weil nicht alle Texte - siehe etwa die Wächter-Tetralogie - eindeutig einem Genre zugeordnet werden können.

Beispiel: Michael Endes "unendliche Geschichte" oder "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll wären nach der obigen Definition phantastische Geschichten, obwohl die Beschreibung der Fantasy-Welt überwiegt und die menschliche Welt nur dargestellt wird, um dem Protagonisten den Übergang in die Fantasy-Welt zu ermöglichen. Letztlich spielen beide Bände aber überwiegend in einer anderen - Fantasy-Welt. Tja, so ist die Sache mit Definitionen - nicht alles passt in diese "Schubladen" hinein.

__________________
King: You're a monster, Urquhart.
Urquhart:You might very well think that, Sir, but your opinion doesn't count for very much now, does it? Good day, Sir. Grinsen

Ian Richardson in: "House of cards, Teil 2: To play the King"

Dieser Beitrag wurde 12 mal editiert, zum letzten Mal von Bernhard Nowak: 20.10.2007 22:01.

20.10.2007 15:35 Bernhard Nowak ist offline E-Mail an Bernhard Nowak senden Homepage von Bernhard Nowak Beiträge von Bernhard Nowak suchen Nehme Bernhard Nowak in deine Freundesliste auf
Voldy
unregistriert


Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden      Zum Anfang der Seite springen

*nochmal den Thread herauskram*

In meiner Verwandtschaft werde ich ja quasi immer halb ausgelacht, weil ich mich mit den Fantasygenre beschäftige. Ich sollte doch lieber mal was realistisches lesen, heißt es dann immer. Z.b. Sachen von Günther Grass. (Nee, ich denke eher nicht. Augenzwinkern )

Ich denke Fantasy ist heutzutage so erfolgreich, weil sie in gewisser Weise die traditionelle Mythologie ersetzt bzw. auf ihr ausbaut. Der Begriff Fantasy ist ja praktisch erst durch Tolkiens Werke aufgetaucht, obwohl er es ja als Mythologie bezeichnete. Zudem baut Fantasy auf allem auf, was wir durch Volkssagen/Legenden/Märchen etc. im Kleinkindalter lernen. Ich denke jeder kennt die Sage von Siegfried dem Drachentöter (wenn auch nur von Mund zu Mund und nicht selbst gelesen) oder das Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Die Leute sagen gern Fantasy ist schwachsinn. Ich persönlich denke Fantasy (gute, durchdachte Fantasy) kann den gleichen Effekt haben wie die Volksmärchen auf die die ältere Generation so gern pocht. In gewisser Weise werden unsere Legenden im Genre wild durcheinander gemischt und so gleichzeitig auch am Leben gehalten. So z.b. denke ich dass jeder der sich mal ernsthaft mit dem "Herr der Ringe" auseinander gesetzt hat, früher oder später auf die keltische "Beowulf"-Sage gestoßen ist, die Tolkien sehr inspirierte. Ich denke Fantasy und eigene Mythologie gehören eng zusammen. Die Trennung, die z.b. meine Eltern durchführen (Volkssagen vs. Fantasyquatsch), existiert in dem Sinne also gar nicht. Ich denke darin spiegelt sich eher der Unwille wieder, dass man dieses relativ junge Genre (Was sind schon 60 Jahre für ein Genre?) gern diskreditieren möchte, weil es der traditionellen Mythologie den Rang abläuft. Enigen Leuten ist das Genre wahrscheinlich einfach zu populär - der "Spiegel" zieht z.b. ja gern alles in den dreck, was auch nur im entferntesten mit Popkultur zutun hat. Ergo ist Potter schwachsinn und das Fantasygenre hirnlos.

Zudem ist das Genre heutzutage für viele eine Flucht in andere Welten, raus aus der harten Realität. Und nebenbei auch noch der beste Beweiß dafür, dass das Kopfkino tadellos funktioniert - was von harten Realisten wie meinem Bruder gern angezweifelt wird. Irgendwie hab ich mittlerweile das Gefühl; zu viele Realromane und Biografien auf einmal machen phantasielos. Augenzwinkern
23.11.2007 22:52
Bernhard Nowak Bernhard Nowak ist männlich
Schüler

images/avatars/avatar-61441.jpg

Dabei seit: 26.08.2004
Alter: 60
Herkunft: Rödermark

Themenstarter Thema begonnen von Bernhard Nowak


Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden      Zum Anfang der Seite springen

@Voldy: Ich glaube, dass Du die Beliebtheit von Fantasy bzw. Phantastischer Literatur richtig beschrieben hast. Und dies gilt ja ebenso für märchenhafte Fantasy wie die Romane von Alexander Wolkow. Ich denke aber auch, dass Fantasy dann besonders populär ist, wenn sie denjenigen, die in unserer heutigen Welt leben, auch Identifikationsmöglichkeiten bietet. Terry Pratchetts Fantasy-Romane sprühen voller Situationskomik - und karikieren Gewohnheiten unserer Welt. Und Harry Potter ist - zumindest von Band 1 bis 6 - auch als Internatsroman lesbar - und wer kennt nicht fiese Lehrer? (A pros pros: Ich freue mich auf die Beowulf-Verfilmung im Kino. Hoffentlich werde ich nicht enttäuscht!)

__________________
King: You're a monster, Urquhart.
Urquhart:You might very well think that, Sir, but your opinion doesn't count for very much now, does it? Good day, Sir. Grinsen

Ian Richardson in: "House of cards, Teil 2: To play the King"
23.11.2007 23:00 Bernhard Nowak ist offline E-Mail an Bernhard Nowak senden Homepage von Bernhard Nowak Beiträge von Bernhard Nowak suchen Nehme Bernhard Nowak in deine Freundesliste auf
Voldy
unregistriert


Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden      Zum Anfang der Seite springen

Um noch mal kurz auf die Mythologie zurückzukommen.
Sehr auffällig ist beispielweise, dass im Genre christliche Symbolik bzw. Mythologie sehr verbreitet ist. Ich könnte jetzt sehr verallgemeinernd sein und sagen es gibt in jedem 2ten Fantasyroman einen Messias, der die Welt von dem Bösen befreit - auch bei Tolkien. Obwohl (und das finde ich sehr interessant an der Figur Frodo) der Hobbit Frodo Beutlin nicht von einer höheren Macht gezeichnet wird, sondern die Bürde des "Welt rettens" auf sich nimmt, um den haarigen Streit zwischen den Weltvölkern zu schlichten, die sich am Ende des HdR schließlich alle - trotz ihrer Differenzen - zusammenfinden, um den Invasor Sauron (im Buch wird er ja schließlich, anders als im Film, eher als gieriger Feldherr dargestellt denn als ultimatives Böse - ich denke, dass hängt mit Tolkiens Erste-Weltkriegs-Fronterfahrungen zusammen. Gibt im Roman ja sehr viele Stellen in dem man Tolkien seine Erlebnisse anmerkt.) mit vereinten Kräften zu besiegen. Anders ist das da in Robert Jordan "Rad der Zeit"-Zyklus, wo der Erlöser Rhand al'Thor schließlich schon vor Jahrtausenden prophezeit wurde. Wieder ein wenig anders im Potterzyklus: Harry wird gezeichnet und es wird Weisgesagt, dass er das Böse besiegen muss. Besonderheit hierbei: Die Prophezeiung entsteht durch das zusammenwirken menschlicher Schwächen auf beiden Seiten. Also weder ein "selbsternannter Retter" (wie Frodo) noch ein "vor Jahrtausenden prophezeiter Messias" (wie Rhand al'Thor). Ich glaube das ist für mich das Interessanteste an Rowlings Messias-Version. Harry wird 1. von einem Menschen als sich ebenbürtig gezeichnet, nachdem eine Prophezeiung gemacht wurde, die sich hätte nicht erfüllen müssen - sich jedoch erfüllte, weil es die Portagonisten so wollten. Dahinter kann man die Weisheit sehen, die Bereits Shakespeare in "MacBeth" einarbeitete, nähmlich dass man wenn man sein Schicksal vorgesetzt bekommt durchaus dazu bereit ist es zu erfüllen, auch wenn man "nein" sagen könnte. Dazu kommt Auferstehung und nächstes Leben - beides beliebte Themen im Fantasybereich (nach wie vor finde ich Tolkiens Version von "Frodos Selbstmord" sehr herzergreifend)
Über das Ende des Potterzyklus kann man ja jetzt sagen was man will (ich weiß, dass mansch einer Rowling dafür gern würgen würde Augenzwinkern ), aber ich persönlich halte Harry Opfergang zum Schluss für das Beste, was ich je lesen durfte. Eine sehr symbolische Szene, die mich im übrigen sehr berührte.

Aber ... ich seh grad wie spät es ist, deshalb hör ich hier auch erstmal auf.
23.11.2007 23:32
Bernhard Nowak Bernhard Nowak ist männlich
Schüler

images/avatars/avatar-61441.jpg

Dabei seit: 26.08.2004
Alter: 60
Herkunft: Rödermark

Themenstarter Thema begonnen von Bernhard Nowak


Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden      Zum Anfang der Seite springen

Ich mag zwar Rowlings "Deathly Hallows" nicht, aber - zugegebenermaßen - mag ich Kapitel 34 - ich finde auch, dass die Gefühle Harrys dort gut beschrieben worden sind (zum anderen mag ich, dass sich Snape nicht für Harry opferte, ich mag die Beschreibung der Gefühle Harrys nach Dobbys Tod und ich mag auch den Sarkasmus von Tante Muriel und den Humor von George, der ihn auch nicht verlässt, als er sein Ohr verliert).

Interessant finde ich in der Tat, dass im "Herr der Ringe" ein ganz normaler Hobbit (und kein "Superman") - Frodo - den Kampf gegen den allmächtigen Sauron auf sich nimmt - und in der Tat gab es ja keine Prophezeiung, die Frodo diese Aufgabe "zugewiesen" hätte (wie etwa Taran im an keltisches Sagengut orientierten Prydain-Zyklus, 2006 vom Arena-Verlag wieder aufgelegt: Taran im Land der dunklen Mächte, Taran und die Schatzkammer des Bösen: früher u.d.T.: Taran und das Zauberschwein, Taran und der Zauberkessel, Taran und die Zauberkatze, Taran und der Zauberspiegel, Taran und das Zauberschwert).

Mein Lieblingsbuch im Bereich Phantastik/Fantasy bleibt "Krabat" von Preußler - beruhend auf einer sorbischen Sage und in dem von mir geposteten Artikel ja auch zutreffend als "Meisterwerk" deklariert. Hier finde ich eine Lösung, wie ich sie mir bei Harry Potter gewünscht hätte - dass die Liebe und die Freundschaft am Ende Leben retten. Hier ist es so, dass der Betteljunge Krabat in eine schwarze Mühle kommt und mit 11 anderen Müllerburschen dem "Meister" dienen muss. Dieser wiederum hat einen Pakt mit dem Teufel - dem "Herrn Gevatter" (man sieht, auch dieser mag nicht beim Namen genannt werden). Am Ende jeden Jahres stirbt derjenige von den Müllerburschen, der in den wöchentlichen Zauberstunden der "Schwarzen Kunst" sich als Klügster erwiesen hat. Er wird vom Müller vor die Wahl gestellt, entweder sein Nachfolger zu werden oder zu sterben. Dem Tod kann man nur entgehen, wenn man am Silvesterabend eine Prüfung besteht. Ein Mädchen, eine Freundin, die den dem Tode geweihten Müllerburschen kennt, muß ihn "freibitten" und zeigen, dass sie ihn kennt. Nur versteht der "Meister", diese Prüfung auf seine Weise auszulegen. So ließ er die Mühlknappen sich in Raben verwandeln und das Mädchen mußte nun zeigen, welcher Rabe ihr Geliebter war.I n der ursprünglichen sorbischen Sage bittet die Mutter so ihren "Krabat" vom Müller frei. Sie erkennt ihn, weil Krabat als Rabe seinen Schnabel in den linken Flügel steckt, während alle anderen - der Weisung des Meisters gemäß - den Schnabel unter den "rechten" Flügel steckten. Somit war Krabat frei. Der echte Krabat besiegte den Meister erst Jahre später, indem letzterer einen Zweikampf mit Krabat verlor: Krabat gelang es, dem Müller, der sich in einen Hahn verwandelt hatte, als Fuchs die Kehle durchzubeißen. Dieses Ende verwendet Preußler auch - aber nur in Träumen Krabats, die sich wiederum vom Mühlenalltag (zur Zeit des späten 17. Jahrhunderts, Krabat spielt um die Zeit, als August der Starke von Sachsen auch König von Polen wurde, also zur Zeit des Friedens von Altranstedt) abhebt.

Im Buch hingegen ist Krabat ein Waise - wie Harry Potter. Er lernt zu Ostern eine Freundin, die Sängerin ("Kantorka") kennen und lieben. Sie erklärt sich bereit, ihn zu retten. Preußler gibt der Freundin eine stärkere Kontur als die Sage der Mutter. Die Kantorka kommt zur Mühle. Gemeinsam mit seinem Freund, dem angeblich dummen Juro, schmiedet Krabat einen Plan. Doch bei einem Finale gemäß der Sage hätte jede x-beliebige Person Krabat freibitten können - denn die Sache mit dem Flügel beruhte auf einem Trick. Es sollte aber die Liebe sein, die Angst um den geliebten Freund bzw. die Freundin, welche Krabat vor dem Tod bewahrte und bewirkte, dass der Meister in der Silversternacht sterben sollte.

So lässt Preußler den "Meister" Krabats Plan durchschauen. Also lässt er die Müllerburschen nicht in Raben verwandeln, sondern er bindet der Kantorka ein Tuch vor die Augen, sodass sie niemanden sehen kann. Gedankenübertragungen Krabats an die Kantorka unterbindet der Meister. Die Kantorka schreitet dreimal die Reihe der Burschen ab - und zeigt auf Krabat. Sie erkannte ihn - weil er, Krabat, Angst um die geliebte Kantorka hatte - er fühlte sich schuldig daran, dass sie sterben müsse. Nicht um sein eigenes Leben fürchtete er, sondern um das des geliebten Mädchens. Daran erkannte sie ihn. Ein klasse Finale, wie ich finde. Und wie Lars Schiele sagte: ein "Meisterwerk" - nach einer sorbischen Sage.

"Krabat" wird gerade mit Daniel Brühl als Tonda (er war der "Mentor" Krabats im ersten Jahr und muß dann sterben) und Christian Redl als "Meister" sowie Robert Stadlober als "Krabat" verfilmt und kommt nächstes Jahr - Oktober 2008 - in die Kinos. Top

__________________
King: You're a monster, Urquhart.
Urquhart:You might very well think that, Sir, but your opinion doesn't count for very much now, does it? Good day, Sir. Grinsen

Ian Richardson in: "House of cards, Teil 2: To play the King"

Dieser Beitrag wurde 7 mal editiert, zum letzten Mal von Bernhard Nowak: 24.11.2007 00:36.

24.11.2007 00:01 Bernhard Nowak ist offline E-Mail an Bernhard Nowak senden Homepage von Bernhard Nowak Beiträge von Bernhard Nowak suchen Nehme Bernhard Nowak in deine Freundesliste auf
Baumstruktur | Brettstruktur
Gehe zu:
Neues Thema erstellen Antwort erstellen
Harry Potter Xperts Forum » Die Große Halle » Bücher » Bücher allgemein » "Reise des Helden" und Bewährungsproben: über den Erfolg von Fantasy

Forensoftware: Burning Board 2.3.6, entwickelt von WoltLab GmbH